EPICENTRE-PARTICIPATIO

Projektname
Partizipation in der Langzeitpflege: 
Eine ethnographische Untersuchung in der stationären Pflege (EPICENTRE), der häuslichen Pflege und im betreuten Wohnen (PARTICIPATIO) in den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft

Originaltitel: 
Who has a say in nursing homes? An ethnography on participation of people living in long-term residential care (EPICENTRE)
Participation in long-term care. An ethnographic exploration in home-based care and assisted living (PARTICIPATIO)   

Projektleitung
Sandra Staudacher

INS-Projektteam
Anja Orschulko
Nora Peduzzi
Norina Reiffer
Sinéad Cassidy
Alexandra Stähli
Vanessa Litschgi
Séverine Soiron
Franziska Zúñiga 
Sandra Staudacher

Externe Projektpartner
Akademische Begleitgruppe:
Prof. Dr. Hilde Verbeek, Department of Health Services Research, University of Maastricht, Niederlande; Prof. Dr. Charlene Chu, Lawrence S. Bloomberg Faculty of Nursing, University of Toronto, Kanada; Prof. Dr. Heidi Kaspar & Prof. Karin van Holten, Kompetenzzentrum Partizipative Gesundheitsforschung, Berner Fachhochschulde, Schweiz; Prof. Dr. Eva Soom Ammann, Leiterin Innovationsfeld Psychosoziale Gesundheit, Berner Fachhochschule, Schweiz.
Begleitgruppe aus der Praxis:
ARTISET; Koordinationsstelle Alterspolitik Basel-Stadt; Abteilung Alter, Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion Kanton Basel-Landschaft; Curaviva Basel-Stadt; Curaviva Basel-Landschaft; Stiftung Hofmatt, Münchenstein; Bürgerspital Basel, Pflegezentrum Burgfelderhof; Pflegezentrum neues marthastift; Basel, Langzeit Schweiz; Grauen Panther Nordwestschweiz und die Fachstelle für Altersfragen Gemeinde Pratteln.

Ort der Datenerhebung
Basel-Stadt und Basel-Landschaft

Laufzeit
2024 bis 2027

Projektbeschreibung
Hintergrund
Die Alterung der Bevölkerung in der Schweiz schreitet voran und mit ihr die Nachfrage nach Pflegeleistungen in der stationären und häuslichen Langzeitpflege. Viele ältere Personen zögern aber, solche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, vor allem wenn es darum geht, in ein Pflegeheim zu ziehen. Die COVID-19-Pandemie hat dieses Zögern verstärkt, da die Medien das Bild von Pflegeheimen als Orte der Ohnmacht mit stark eingeschränkter Bewegungsfreiheit zementierten. Die Pandemie war ein Weckruf für die Forschung, Verbände, Heime und Nichtregierungsorganisationen, die sich für ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Schutz und persönlicher Freiheit in Pflegeheimen einsetzen. Sie riefen dazu auf, die Entscheidungsfindung und Teilhabe älterer Menschen in der Langzeitpflege in den Mittelpunkt zu stellen. Doch wie und von wem werden Entscheidungen in Bezug auf Pflegeheimbewohnende und ältere Menschen, die mit Unterstützung zu Hause leben, getroffen? Was bedeutet ‘Partizipation’ für die verschiedenen Akteure des Langzeitpflegesystems? Wo und wie wird die Partizipation älterer Menschen, die professionelle Langzeitpflege benötigen, praktiziert? Oder wo fehlt sie?

Allgemeine Ziele
Ziel des Projekts ist es, durch ethnographische Forschung Einblicke in Entscheidungsfindungen in der stationären und häuslichen Langzeitpflege zu gewinnen. Daraus soll deutlich werden, wie Entscheidungen, die die Bewohnenden oder Patient:innen direkt betreffen, angegangen und gefällt werden; dies, um schlussendlich besser zu verstehen, wie die Partizipation und Gleichberechtigung älterer Menschen, die auf stationäre oder häusliche Langzeitpflege angewiesen sind, verstanden und praktiziert wird. Hier sind für uns neben den Pflegeheimbewohnenden und älteren Menschen, die zuhause Langzeitpflege in Anspruch nehmen, auch deren Angehörige sowie Gesundheitspersonal und z.B. Akteure in Branchenverbänden oder Kantonen und Gemeinden von Interesse. Dabei werden die verschiedenen spezifischen soziokulturellen, politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Kontexte des Sektors der Langzeitpflege in der Schweiz in Betracht gezogen. Durch die gewonnenen Erkenntnisse sollen Instrumente zur Förderung der Partizipation und Chancengleichheit von Menschen, die professionelle Langzeitpflege in Anspruch nehmen, entwickelt und wissenschaftlich begleitet nachhaltig umgesetzt werden.

Spezifische Ziele

Das Projekt verfolgt drei Ziele:

  1. Die ethnographische Beschreibung von Entscheidungsprozessen im System der Langzeitpflege (d.h. Pflegeheime, Organisationen der häuslichen Pflege, öffentliche Verwaltung, Verbände und Zivilgesellschaft). Dies wird zeigen, wie und von wem Entscheidungen mit und über ältere Menschen, die mit professioneller Langzeitpflege leben, getroffen werden und welche Rolle die verschiedenen Akteure dabei spielen.
  2. Eine Analyse dieser Entscheidungsprozesse im Hinblick auf verschiedene Verständnisse von ‘Partizipation’ älterer Menschen in der Langzeitpflege sowie Praxisbeispiele, in welchen ältere Menschen partizipativ in Entscheidungen und Entwicklungen, die sie innerhalb des Langzeitpflegesystems und in der Gesellschaft betreffen, miteinbezogen werden. Dies wird zeigen, was Partizipation für die verschiedenen Akteure im Langzeitpflegesystem bedeutet und wo und wie die Partizipation dieser älteren Menschen praktiziert, vermisst oder angefochten wird. Der Schwerpunkt wird dabei auf systematische Ungleichheiten zwischen mehr und weniger begünstigten sozialen Gruppen innerhalb des Langzeitpflegesystems gelegt. 
  3. Aufbauend auf den Erkenntnissen der ethnographischen Forschung werden zusammen mit den relevanten Interessengruppen (siehe unten) Instrumente für die Praxis entwickelt. Diese sollen eine gleichberechtigte Partizipation von Menschen, die professionelle Langzeitpflege in Anspruch nehmen, auf verschiedenen Verwaltungsebenen und in der stationären und häuslichen Langzeitpflege fördern können.  

Design/Methode
Die Ziele 1 und 2 werden mit einem ethnographischen Ansatz verfolgt. Dieser umfasst Beobachtungen, informelle Gespräche, Interviews und Dokumentenanalysen. Die ethnographische Feldforschung wird in den Pflegeheimen und in der häuslichen Langzeitpflege separat durchgeführt. Erstere involviert die Bewohnenden, deren Angehörige, das Personal und die Pflegeheimleitung. Bei der Zweiteren stehen zuhause lebende ältere Menschen, ihre Angehörigen und ihre professionellen Unterstützungsanbieter im Mittelpunkt. Schlussendlich wird die Forschung auch in kantonalen und nationalen Behörden und Interessenvertretungen durchgeführt. Während der gesamten Projektdauer werden wir regelmässige Treffen mit einem Beirat abhalten, um die Ergebnisse und Entwicklungen zu diskutieren und Ziel 3 zu erfüllen, das auf einem implementierungswissenschaftlichen Ansatz beruht. Dieser Beirat wird aus Vertretern älterer Menschen, die Langzeitpflege erhalten, deren Angehörigen, Personal aus dem Langzeitpflegebereich sowie Akteuren aus Interessensvertretungen, Kantonen und Gemeinden zusammengesetzt werden.

Erwartete Ergebnisse
Das Projekt wird allen beteiligten Akteuren einen wertvollen Überblick über Entscheidungsprozesse und Beteiligungsmöglichkeiten im Langzeitpflegesystem geben. Die Ergebnisse werden mit den beteiligten Akteuren diskutiert und sollen eine Basis zur gemeinsamen Entwicklung und Implementierung von Instrumenten zur Stärkung der dringend benötigten Partizipation im Langzeitpflegesystem bilden.

Auswirkungen
In der wissenschaftlichen Literatur und bei den Akteuren des Pflegemanagements und der Alterspolitik wird hervorgehoben, dass das Konzept der Partizipation in Pflegeheimen und in Organisationen der häuslichen Pflege von hoher Relevanz sei, aber nicht gut untersucht ist. Sie betonen den Bedarf an wissenschaftlichen Erkenntnissen, die ihnen eine Orientierung geben, wie das Thema sowohl in der Politik als auch in der Praxis am besten angegangen werden kann. In diesem Projekt werden wir qualitativ fundierte Antworten auf diese Fragen erarbeiten, sowie Instrumente zur Verbesserung der Partizipation von pflegebedürftigen Menschen in ihrer ganzen Diversität in der stationären und häuslichen Langzeitpflege entwickeln und wissenschaftlich begleitet umsetzen.